Der kleine Casimir … Teil 6

Kaum war Casimir eine halbe Stunde vor sich hin gestakst, sah er ein seltsames Tier am Wegesrand sitzen. Es machte keinen Muks und starrte ihn nur aus weit aufgerissenen Augen an. Das Gras wuchs ihm bis über die wirklich langen Ohren, die wie Antennen in die Höhe ragten. Hase im GrasWenn das Tier hier öfter saß, wußte es vielleicht wie er zurück nach Hause gelangen konnte, also fasste sich der kleine Hahn ein Herz. „Sag lieber Freund, kannst Du mir erklären wie ich zurück ins Schloss komme?“ Das Wesen blieb stumm und still sitzen und hätte es nicht die Nase bewegt, hätte es ebensogut tot sein können, dachte Casimir. „Kannst Du nicht sprechen lieber Freund oder verstehst Du mich nicht?“ Kaum hörbar zischte es an Casimirs Ohr. „Du Einfaltspinsel, versteck Dich sofort und bewege Dich nicht, sonst wird Dich der Bussard fressen, samt Deinen lausigen Federn und Deinen mikrigen Beinen. Bist Du blind oder einfach nur verrückt?“ Casimir kroch tiefer ins Gras und drängte sich unter die dichte Hecke. Erst als er dem Blick des zischelnden Wesens folgte, sah er auf einer weit entfernten Hütte einen großen Vogel sitzen, viel größer als sein Vater. Bussard„Der ist doch so weit weg, der bemerkt uns bestimmt nicht“, krähte Casimir. Der andere bewegte unmerklich die Ohren und antwortete wütend. „Die Burschen sehen alles, egal aus welcher Entfernung. Ich bin ein alter Hase und schon mancher Gefahr entgangen, aber Du weißt wirklich nicht viel von der Welt, was?“ Hasen hatte der kleine Hahn noch nie gesehen und er dachte darüber nach, wie er sich verhalten sollte, als sich der Löffler in die Hecke verkroch und begann auf der anderen Seite das Weite zu suchen. „Heee lieber Hase, wie komme ich denn nun zum Schloss?“ Er sah dem komisch laufendem Tier nach, welches vor sich hinmurmelte. „Was weiß denn ich. Ich kenne kein Schloss und folglich auch keinen Weg dorthin, aber bleibe lieber unsichtbar! Der Bussard wird wieder kommen, denn die haben Junge und da bist Du nur eine Zwischenmahlzeit.“ Damit war der Hase auch bereits verschwunden und Casimir wieder alleine. Kopie von DSCF4394Von dem Räuber war nichts mehr zu sehen, dennoch hielt er es für angebracht immer mal wieder zum Himmel zu schauen, während er auf das Dorf zuhielt und alsbald das erste Haus erreichte. Es war recht klein, verglichen mit dem Schloss, aber es schien einen großen Garten zu haben, den Casimir ungefragt betrat. Kaum war er auf der Wiese angelangt raunzte ihn jemand von der Seite an. „Hey da, Bursche! Wo willst Du denn hin? Betritts Du immer fremde Gärten ohne zu fragen?“ Casimir sah sich um und konnte nur einen Stein entdecken, welcher mitten auf der Wiese lag. Aber woher war dann die Stimme gekommen. Langsam schob sich ein dreieckiges Gesicht aus dem Stein und der kleine Hahn kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Du bist das seltsamste Tier, das ich je gesehen habe und ich habe vorhin erst einen Hasen kennen gelernt.“ Der Stein verzog keine Miene, aber eine tomatenfarbene Zunge kam plötzlich aus dem Gesicht heraus. „Schildkröten sind nicht seltsam, denn uns gibt es schon seit Ewigkeiten, während Hühner noch nie etwas Besonderes waren!“, blaffte die Schildkröte zurück. „Sag Schildkröte, kannst Du mir den Weg zum Schloss zeigen? Ich habe mich verirrt und will wieder nach Hause.“ Die Schildkröte streckte nun vier Steinfüße aus ihrem Steinhaus und kroch schnell auf ihn zu. „Ich weiß nichts von einem Schloss, denn ich laufe nicht in der Gegend herum und verirre mich. Frag jemand anderes und verschwinde von hier, sonst holt Dich unser Hund, verstanden?“ Casimir tat erschrocken zwei Schritte rückwärts und schickte sich an beim nächsten Haus Hilfe zu suchen. Kopie von DSCF4400Er glaubte der Schildkröte nicht, denn Hunde waren freundliche Wesen, aber er wollte es nicht darauf ankommen lassen. Kaum hatte er den nächsten Hof betreten, sah er eine Behausung, ganz ähnlich ihrem Hühnerstall und er freute sich schon darauf Artgenossen zu treffen, aber in dem Stall saß nur ein weißer Hase, der ihn neugierig anguckte. „Was bist Du denn für ein kleiner Piepmatz“, feixte der Hase, „Du bist sicher nicht von hier, sonst hätte Dich unser Mensch schon gefangen und eingesperrt.“ Casimir war verblüfft wie redselig der Hase war und antwortete. „Lieber Hase, ich habe mich verlaufen und“, jäh wurde er in seinem Satz unterbrochen, „Schnickschnack, ich bin kein Hase, ich bin ein Kaninchen oder sehe ich so häßlich wie ein Hase aus?“ Casimir war irritiert.“ Nun denn liebes Kaninchen, Ihr seht fabelhaft aus und bitte beantwortet mir, wie ich zum Schloss komme und wo ich etwas zu essen bekommen kann?“ Das Kaninchen kam dicht an den Draht des Käfigs heran und warf ein paar Brocken altes Brot hinaus, die Casimir fast im Hals stecken geblieben wären, die aber seinen knurrenden Magen halbwegs beruhigten. „Ich weiß nichts von einem Schloss, aber wenn Du willst, kannst Du auch hier bleiben und mir Gesellschaft leisten.“ Der kleine Hahn schüttelte den Kopf. „Nein, ich muss noch weiter, aber ich danke Dir für das Brot“, sprachs, hüpfte schnell wieder zum Weg zurück und wunderte sich über die unfreundlichen Tiere die er bisher getroffen hatte. Wie sehr er doch seine Familie vermisste. – Fortsetzung folgt –


24 Gedanken zu “Der kleine Casimir … Teil 6

  1. Diese schöne Erzählung erinnert mich daran, wie ich noch vor kurzer Zeit Sohnemann, der damals noch Flauscheköpfchen hieß, am knisternden Kaminfeuer im Schaukelstuhl solche Tiergeschichten erzählte und mich selber ganz wohl dabei fühlte… Ich freue mich schon auf die Fortsetzung! Alles Liebe, Nessy

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    1. Au ha liebe Ulli. Das sind tolle Komplimente. Es müssten viele Zeichnungen in das Buch, denn Kindergeschichten sollten Illustriert sein. Vielleicht kennt jemand einen Kinderbuchverlag? Das wäre natürlich hilfreich. Ich werde mal gucken ob sich etwas machen lässt 😉

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      1. Fotos tun es doch auch, oder? Ich habe zwar ein Kinderbuch verlegt, aber diesen Verlag gibt es leider nicht mehr. Und dabei fällt mir ein, dass du doch selbst wunderbar zeichnen kannst! Nur Mut, lieber Arno…

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  2. Ja, der Anfang der Geschichte macht gespannt auf die Fortsetzungen. Sie ist ja in der Art vieler Märchen erzählt, läßt aber auch eigenes Erleben dahinter erahnen. Mit einem Schloß fingen auch viele Märchen an und endeten schließlich auch damit. Dann war die Geschichte rund und die Zuhörer zufrieden. Dann glaubten alle wieder an den Sieg des Guten und fühlten sich berufen, dabei mitzuhelfen. Allerdings die Tiere, die Kasimir traf, zeigten sich nicht gerade sehr hilfsbereit.Würde ich dabei helfen wollen, z.B. als Mäuschen? Die große Frage! Als Mensch würde ich sagen: “ Wachet und betet!“

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