Verwaist lag nun die Sandkuhle in einer der Ecken des Hühnergartens und kein fröhliches Gackern fand seinen Weg zum Schloss. Drei Tage warteten sie nun auf Nachrichten von Casimir, aber niemand hatte etwas gehört oder gesehen. Goldstück hatte ihren Vater überredet mit dem Automobil die Wege rund um die Ortschaften abzufahren, aber auch sie hatten keine Spur des kleinen Hahns gefunden. Der König hatte seine Tochter noch nie so unglücklich gesehen. „Vater, was können wir noch tun? Ich habe Angst, dass dem Kleinen etwas geschieht, wenn wir ihn nicht bald finden. Er kann sich nicht alleine in der Natur behaupten und der Sommer hat noch kühle Nächte. Kannst Du nicht die Dienerschaft ausschicken, um ihn zu suchen?“ Die Augen der Prinzessin füllten sich mit Tränen und sahen aus wie überlaufende kristallene Bergseen. König Holgadinus wurde es schwer in der Brust, denn er wollte seiner geliebten Tochter nicht sagen, dass der kleine Hahn wahrscheinlich schon nicht mehr am Leben war, auch wenn Goldstück einen Zauber auf ihn gelegt hatte. Außerhalb der Gärten würde die Magie seines Lieblings nicht wirken, auch, wenn er sich nichts sehnlicher wünschte, als ihr glockenklares Lachen wieder zu hören. Mit gedämpfter Stimme sprach der König.
„Ich will morgen die Reiter über Feld und Wiesen schicken, aber ich habe wenig Hoffnung. Sorge Du nur gut für seine Familie und muntere sie etwas auf. Wirst Du das für mich tun?“ Die Prinzessin nickte stumm, warf tapfer ihr lockiges blondes Haar zurück und schlich leise Richtung Gärten, den treuen Rudolf im Schleppau, der in den letzten Tagen nicht von ihrer Seite gewichen war.
Jeden Morgen, wenn kaum die Sonne am Horizont erschienen war, ging eine von Casimirs Schwestern zum Zaun und suchte mit traurigen Augen die Wiesen jenseits der Gärten ab. Nie war mehr zu sehen als Vögel auf Futtersuche, ein paar zirpende Grillen oder mal eine vorwitzige Maus, die sich die Backen mit Körnern vollstopfte. So oft er konnte war auch Caruso unterwegs und kontrollierte alle Zäune, aber er vernachlässigte seine Familie nie. Dennoch machte er sich bittere Vorwürfe nicht energisch genug gewesen zu sein, um seinen Sohn eine wichtge Lektion fürs Leben beizubringen. Er war der stolze Hahn aus einer langen Tradition von japanischen Seidenhühnern und es war seine Pflicht seine Art zu erhalten und die Nachkommen zu schützen. Viel zu kurz war die Zeit der Weisungen gewesen, denn er war ein gutmütiger Hahn, der seine Kinder herumtollen ließ und den Unterricht oft hinten anstellte, um den Kleinen nicht den Spaß an der Jugend zu nehmen. Nach seinem Rundgang, ging er wieder zum Hühnerhaus und ihm blickten viele fragende Augenpaare entgegen. Er schüttelte kaum merklich den Kopf, durchschritt die Gruppe und stellte sich abseits in den Schatten eines Strauches. So blieb er stehen, bis Caruso erneut die Gärten abschritt.
Zusammengekauert und mit spärlich gespreiztem Gefieder hockte Casimir in einer kleinen Höhle aus Baumstämmen, die er vor Einbruch der Nacht entdeckt hatte. Kreischende Geräusche und ein ohrenbetäubender Lärm hatten ihn in seiner Unterkunft verharren lassen. Mehr als ein leichtes Dösen war nicht zu denken gewesen und ein winselnder Magen hatte sein Übriges zu einer durchwachten Nacht beigetragen. Bereits beim ersten Anzeichen von Morgendämmerung war er hinaus in die Kälte gekrochen und hatte seine kurzen steifen Beinchen gezwungen weiter zu maschieren.
Nach kurzer Zeit kam er an ein Kornfeld, welches bereits goldene Ähren trug und er ass so viele Körner wie nur in seinen kleinen Bauch hinein passten. Es schmeckte einfach wunderbar nd nie hatte er besser gespeist. Anschließend spülte er seine Mahlzeit mit frischem Wasser aus einer Pfütze hinunter, wusch sich das Gefieder, schüttelte sich und sobald die Sonne ein wenig seinen Körper gewärmt hatte, blickte er zuversichtlicher in den Tag, welcher nicht regenverhangen daher kam. Er hielt sich wieder mehr in Richtung Norden, bis er auf ein seltsames Gebilde stieß, welches ihm den Weg kreuzte. Was sollte er tun? Den seltsamen Linien folgen, oder darüber hinweg springen und auf dem sandigen Pfad bleiben? – Fortsetzung folgt –
Du machst es ganz schön spannend, ich fiebere mit… 🙂
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Liebe Ariana, ich folge doch nur den Spuren von Casimir, der mir die Geschichte vorgibt 😉
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Ein tapferer Kerl ist das und eine wunderschöne Geschichte.
Guten Tag lieber Arno
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Guten Tag liebe Arabella. Das ist er und ich drücke ihm alle Daumen 🙂
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Mein i neues Kind sind begeistert.
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Sorry….Aber ich wollte schreiben: mein inneres Kind und ich sind begeistert.
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Guten Tag liebe Gertrud(t), der kleine Hahn hat auch etwas faszinierendes für mich und ich stelle mir vor, wie mir einst meine Großmutter Geschichten am Bett erzählt hat. Jedem Erwachsenen dem als Kind Märchen erzählt worden sind, erinnert sich gerne an diese Zeit zurück als unsere Phantasie noch unendlich große Schwingen besaß 🙂
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Das stimmt…..im Kiga war meine Lieblingstätigkeit als Erzieherin Bilderbücher vor zu lesen…..und ich hatte mich im verdacht, dass ich die Bücher nicht nur für die Kinder ausgesucht habe….
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Ich wollt‘ ich wär‘ (k)ein Huhn … 😀 Dein Text erinnert mich. Ich sollte mal wieder ein Märchen schreiben.
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Gerne auch über japanische Seidenhühner 😉
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Aber die verstehst du doch überhaupt nicht 😀 😀 😀
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Liebe Yumi, nach Wochen der intensiven Begegnungen mit der Familie von Caruso bin ich zum Schluss gekommen, dass alle Hühner weltweit nur eine Sprache beherrschen, also ist die Verständigung überhaupt kein Problem – gack 😀
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Stimmt. Du hast recht. Ich hätte auch Lust. Vielleicht über Schwalben. Von diesen Vögeln gibt’s hier mehr als Hühner und irgendwie wirken sie auch inspirierend.
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Gute Idee und dann kommen alle Märchen in ein Buch und wir verkaufen es für einen guten Zweck 😉
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Wenn’s gut wird. Kein Problem.
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… es ist aber auch ein langer gefährlicher Heimweg… 😉
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… da hast du völlig Recht Blumenfee 😉
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… ich bin an seiner Seite… 😉
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❤
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In Casimir steckt ein richtiger kleiner Abenteurer. Ob er das von seinem geistigen Vater (Dir) hat?
Froschi und ich sind schon gespannt wie die Geschichte weiter geht 🙂 🙂
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Ich habe mein ganzes Leben lang versucht jedem Abenteuer fern zu bleiben und bin von einem ins andere gerutscht, immerhin das verbindet Casimir zum Teil mit mir 🙂
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😀 😀 😀
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Diese Baumhöhle bei Nacht, – ein echtes Photo, also selbst dabei!😊
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Ja, ich lasse mich gerne vom Echten inspirieren, liebe Gisela 🙂
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