Rosens wundervolle Buchmesse!

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Gutenbergbibel von 1649

Gleich vorweg! Die Auswüchse, Exzesse und Sonderbarkeiten der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (FBM) waren weder vorhersehbar, völlig alternativlos, friedlich, freundlich, manchmal dröge bis zum Hirnstamm, aber immer abschaltbar. Also herzlich willkommen auf der größten Büchermesse der Welt und meiner sehr speziellen Sicht der Dinge 😉 Eigentlich war ich nur dort, um Verlage für mein Kochbuch zu finden und zu bezaubern (hier zum katastrophalen Artikel), aber ich gehe natürlich mit offenen Augen durch die Hallen. Zugegeben, ich hatte mich im Datum geirrt, denn ich wollte keinesfalls an einem Besuchertag dort aufschlagen, zu sehr setzen mir Busse, Menschenschlangen, Gedränge & Co. zu, denn für jemanden der nicht gerne Türklinken anfasst, Menschen in engen Räumen nicht erträgt und Rolltreppen ein Horror sind, gehören solche Tage zu den „uff, ich habs grad so überlebt“ Ereignissen im Jahr, von denen es nicht mehr als ein Event pro Saison geben dürfte. Jetzt, wo ihr erfahren habt, wie gerne ich ein irrsinnig vakuumierten Umfeld ich im Normalleben genieße, kommen wir zu den Irren der Buchmesse.

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NICHT Herr Gutenberg

Meinen ersten Fototermin hatte ich mit Petra Roth der Vorzeigekämpferin der …, äh Dingenspartei. Ungefähr 10 Minuten habe ich der Brandrede über die Wundernisse der Deutschen Nationalmanschaften im Fußball gelauscht, wie klasse Podolski ist und Boateng und wie sexy Sami K. (muss wohl am DFB Stand gelegen haben). Nach den ersten Magenkrämpfen habe ich beschlossen kein Foto zu machen, nicht weiter zu lauschen und mich still zu verdrücken, um mich lieber der Gutenbergbibel von 1649 zu widmen (gehört natürlich zum seriösen Teil des Artikels). Damit endet dann auch der irre Part der Veranstaltung und wir kommen zu den vorzeigbaren Protagonisten, wie einer zauberhaften Lakshmi Pamuntjak, die den diesjährigen LiBeraturpreis

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Preisträgerin Lakshmi mit Kopfhörern, mitte

(Wortspiel zwischen Literatur und Freiheit, wurde 10 Minuten lang erklärt, gähn) gewonnen hat, welcher von der Buchmesse und dem Auswärtigen Amt verliehen wird. Nachdem ich Lakshmi ausufernd bewundert und auf ihre Rede gehofft hatte, wurde mir klar, dass jeder Einzelne der Beisitzer in der ersten Reihe noch seinen Sülz zum Preis zum Besten geben würde. So ließ ich Lakshmi in ihrem sichtbaren Schmerz darüber alleine und zog weiter. Übrigens war ihr erstes Buch über die gute Küche Indonesiens. Was sagt man denn dazu? Eine Kollegin im Geiste 😉

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Stefanie Bilen, rechts

Dann traf ich zufällig (manche nennen es Zufall) Frau Stefanie Bilen, welche nicht nur zusammen mit Nicole Mai die Online-Zeitschrift „SAAL ZWEI“ betreibt, sondern auch eine hochgradig interessante Persönlichkeit ist, äußerst freundlich zu Fremden (ja, ich bin gemeint) und ihr erstes Buch veröffentlicht hat, „Mut zu Kindern und Karriere“. Damit ist sie eine von jenen Frauen vor denen ich wirklichen Respekt habe, weil sie sich für Frauenrechte und Chancen einstehen, ohne das Bedürfnis zu haben jedem Mann in die Waden beißen zu müssen (obwohl das sicher einige verdient hätten). Was Frau Bilen vielleicht noch fehlt, wäre mal jemand der vernünftige Bilder von ihr für die Öffentlichkeit macht, aber das ist ein ganz anderes Thema und gehört nicht hierhin. Über ihre Begleiterin habe ich nichts in Erfahrung bringen können und dafür entschuldige ich mich sofort. Möglicherweise gehörte diese Dame zum begleitenden Filmteam. Ich wünsche SAAL ZWEI jeden gewollten Erfolg!

Ein wenig später lief ich am Stand der sehr quirrligen Sonja Fuhrmann vorbei, die sofort eine Faszination auf mich ausübte, weil sie nicht nur mit Puppen gut umgehen kann, sondern diese nutzt, um Kindern Wissen zu vermitteln. Egal ob es über Komponisten wie Mozart geht, oder Opern im Allgemeinen. Eine wirklich engagierte Autorin, der man die Begeisterung ansah und die ich sofort mochte, weil sie sich für Kinder einsetzt. Diese Figuren sind übrigens auch käuflich zu erwerben und dann kann jeder zu Hause selbst mit Bärchen & Co. seinen Kids Geschichten erzählen und Wissen vermitteln. Bärchen erzählt Opern.

kopie-von-p1220076Auf der Suche nach meinen Kollegen blieb ich leider erfolglos, aber dafür machte ich einen Ausflug in die Cosplayer-Szene, welche ich bisher nicht kannte, aber die mir jetzt wirklich symphatisch ist. Die Motivation sich Kostüme anzuziehen und jemand anderes zu sein ist ja keine neue Erfindung der Welt, sonder eine lange Tradition bei vielen Völkern der Erde, ob es sich nur um Stammesrituale handelt, Geisteraustreibung (wie z.B. Halloween/ ein altes keltisches Fest) oder Fastnacht, Karneval, Fasching und wie die Ereignisse alle heißen mögen. Ich habe sehr viele Fragen gestellt und eines hatten alle Cosplayer (Darsteller von Mangafiguren/ japanische Comicfiguren) gemeinsam. Sie waren sehr freundlich, manchmal sogar schüchtern, gehen einer echten Leidenschaft nach (manche Köstüme dauern 4 Monate in der Herstellung und alles ist handarbeit) und sind äußerst friedliche Lebewesen, anscheinend in beiden Welten. kopie-von-p1220046Da die Frankfurter Buchmesse in der Regel das letzte große Festival der Cosplayer ist, strömten gefühlte Tausend durch die Hallen, lagerten in Gängen oder draußen, wurden fotografiert (von mir nur mit Nachfrage) oder bildeten Diskussionsgrüppchen, die jede TV Sendung mit mehr Leben erfüllen könnten, als so manche Kochshow oder langweile Talkrunde. Allerdings wollte keine dieser Figuren in so einem alten und seltsamen Medium wie Facebook gezeigt werden! Autschi, aber für mich völlig okay und deshalb der bunte Bilderreigen zum Schluss meines Messeberichtes, denn die anderen Beiträge kommen im TV (gähn) und werden sicher auch superinteressant sein 😀 Dette wars mit Buchmesse, euer Arno …


39 Gedanken zu “Rosens wundervolle Buchmesse!

  1. Fröhliches Völkchen auf den letzten Fotos 🙂
    Ich bin ja der Meinung, dass man Literatur viel mehr lesen als darüber reden sollte, trotzdem ist die Frankfurter Buchmesse ein Ort, an dem sowohl Autoren als auch sonstige Besucher sicherlich viel sehen, hören und erreichen können. Danke für den schön bebilderten Bericht

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  2. Lieber Arno,
    ich war gestern auf der Buchmesse und bin auch völlig reizüberflutet. Gleichwohl habe ich einige erwartete und unerwartete schöne Begegnungen bibliophiler und zwischenmenschlicher Art erlebt und feine Kontakte geknüpft.
    Und dem medialen Jahrmarkt der Eitelkeiten bin ich weitmöglichst ausgewichen, d.h. sobald ich eine Kamera oder ein Mikro sah, habe ich den Gang gewechselt.

    Auf der Rückfahrt habe ich mich mit einem jungen Cosplay-Mädchen angenehm-angeregt unterhalten.
    Interessant, daß die Cosplay-Szene, Facebook altmodisch und seltsam findet. Welches soziale Medium bevorzugen sie denn stattdessen?

    Unverkleidete Grüße von Ulrike

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    1. Instagram und Twitter. Vielleicht liegt diese Abneigung gegen FB auch an der offensichtlichen Neugier dieses Konzerns und der Steuerung des Accounts. Junge Menschen sind da viel schneller in ihren Reaktionen und verlassen gleich mit dem ganzen Freundeskreis solche altbackenen Gruselorte 😀

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      1. Danke für die Informierung.
        Ich bin auch nicht auf FB unterwegs, aber auch nicht bei Instagramm und Twitter. Mit meinem Blog und den meist ellenlangen Kommentarschweifen habe ich mehr als genug soziales Medium. 🙂

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  3. Lieber Arno!
    Puh ja, sehr voll … und schön, dass du es so fröhlich überlebt hast. Ich höre viele Besprechungen im Radio, das reicht mir erst einmal- ich hadere mit dem Buchmarkt und dem Verlagwesen ähnlich wie mit dem Kunstmarkt: viel Gefälliges, Unterhaltendes, wenig Aufrüttelndes, Erschütterndes … um es mal kurz zu machen- wie war da dein Eindruck und hast du einen Verlag fürs Kochbuch gefunden?
    liebe Grüsse
    Ulli

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    1. Liebe Ulli, insgesamt macht der Buchmarkt dieses Jahr einen eher abgespeckten Eindruck auf mich und andere Szenekenner. Die Bloggerwelt wurde am Freitag regelrecht hofiert und die Verlage versuchen nun diese Netzwerke zu nutzen um ihre Verkäufe wieder anzukurbeln. Allerdings ist der Weg und das Medium falsch, denn kindliche Netzwerker haben nichts oder nur selten etwas für echte Literatur übrig. Sie wollen leichtverdauliches in schneller Abfolge und damit ist der Buchmarkt nicht zu stabilisieren. Ich selber habe gute Verlage gefunden für die ich jetzt mein Konzept verfeinere und hoffentlich druckreif mache, aber auch hier sind es tolle Verlage die eher auf gut und günstig setzen, so wie in meinem Fall. Darüber werde ich noch berichten, sobald erzählenswertes passiert. Zumindest muss der Autor von heute auch ein guter Verkäufer sein. Alleine schreiben reicht da nicht mehr aus. Dabei hätte ich mir eine Gewaltenteilung in Kunst und Kommerz gewünscht um freier Arbeiten zu können, aber ich komme wohl mindestens 20 Jahre zu spät 😉

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      1. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass es nur manchmal klappt, Autorin zu sein UND Verkäuferin, ich habe in viele BuchhändlerInnengesichter geschaut bei denen ich gerne mein Buch vorgstellt hätte, um auch dort eine Lesung zu machen, zweimal hat es geklappt, ansonsten erwarten sie wohl eher AgentInnen?

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      2. Ich denke auch Ulli. Der direkte Kontakt mit den Autoren scheint manche zu hemmen, vielleicht weil sie dann nicht so offen reden können. Deswegen war bei mir jeder dritte Satz auch eine Entschuldigung, obwohl ich Fakten zu schätzen weiß. Redakteure halten uns wohl für sehr zerbrechlich 😉

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  4. Oh! Schon vom Lesen wird mir schwummrig. 😯

    Interessant liest sich jedoch das eine oder andere.
    Nur diese Menschenaufläufe – erst nächstes Jahr wage ich es – selbst auf die Gefahr hin, dass ich danach zwei Tage nicht ansprechbar bin.
    Schöne Fotos hast Du mitgebracht. 👍😊 DANKE

    Herzliche Grüße
    Sylvia

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  5. Hallo Arno, definitiv der falsche Wochentag für dich.
    Schade, dass wir uns nicht getroffen haben. Es hätte mich gefreut, mich mir die zu unterhalten.
    Ein schöner Bericht, so ganz anders, als meine.
    Besonders der TEIL über die Cosplayer-Szene, ein liebenswertes Völkchen.

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  6. Lieber Arno! Danke für den guten Artikel! So habe auch ich einen Einblick bekommen, wie es da so abgeht! Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich erst einmal, wegen eines von mir mit-verfassten Fachbuches,auf einer Buchmesse war! Auch, wenn ich immer mal wieder durch Buchläden wandle, wenn ich, was auch nur noch selten vorkommt, in diesen großen Malls, die noch Bücherläden beherbergen, unterwegs bin, habe ich also relativ wenig Berührung mit dieser ,,Materie“… Und was passiert dann? Ich schmökere so durch und egal was ich aufschlage, entweder passieren dauernd Morde, was mir die innere Ruhe raubt, oder ich bekomme schon auf der ersten Seite einen roten Kopf vor Scham – und dass nicht unbedingt wegen geschmackloser Obszönitäten, sondern weil ich oft einfach nicht verstehe, was man sich bei so einem Buchanfang denkt! Deshalb sind die meisten Bücher, die ich lese, zugegeben Fachbücher oder Biographien. Unterhaltungsliteratur ist für mich dennoch toll, aber nur vorgelesen auf langen Autofahrten!
    In diesem Sinne eine tolle nächste Woche wünscht Nessy von Salutary Style

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    1. Liebste Nessy, Lesen hat sich stark verändert. Ich lese sehr viel online und würde sicher keine 5000 Bücher geschmökert haben, wenn es die digitale Welt schon früher gegeben hätte. Viele der Schriftsteller die früher so bewundert wurden, würden heute keinen Verlag mehr finden, leider. Die Verlage bleuen jetzt den Autoren ein mit spektakulären Sätzen zu beginnen, um den geneigten Kunden zum Kauf zu überreden. Wenn der Rest ebenfalls stimmt ist dagegen nichts einzuwenden, aber oft genug ist nur der Titel, das Cover und der Anfang animierend und dann kommen Plattheiten ohne Ende. Die Messe hingegen ist ein fiebriger Ort der Anspannungen und Eitelkeiten, also schon einen Besuch wert 😉 Ich wünsche Dir einen goldenen Novemberstart 🙂

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