Der kleine Casimir … Teil 10

Casimir erreichte den Waldrand als der Mond begann seine Bahn am Himmel zu ziehen und der Abendstern ihm noch einsam Gesellschaft leistete. „Was hatte die übellaunige Krähe alles gesagt?“, flüsterte er vor sich hin. „Es gibt keinen direkten Weg zum Schloss und nur wer sich selbst vertraut und vom rechten Pfad nicht abweicht, wird sein Ziel erreichen. VollmondDas sind bestimmt kluge Gedanken“, wisperte er, „aber die nützen mir nichts. Einzig die Etappen zählen jetzt.“ Als er die ersten Bäume hinter sich gelassen hatte bemerkte er die Gräusche der Nacht und stellte vor Angst seine Federn auf. Vielleicht hatte ihn die Krähe belogen und sofort bemerkt, dass er ihren Hochmut ausnutzen wollte, um an die Informationen zu kommen. Der kleine Hahn blieb stehen und sah ängslich zurück zum Waldsaum. Noch war er nicht weit gekommen und der Weg nach Hause noch unvorstellbar lang und gefährlich. Er schüttelte den Kopf und kratzte mit den Füßen im weichen Boden, um sich zu beruhigen. Um ihn herum herrschte Schwärze und nur das dunkelblaue Firmament gab einen winzigen Anhaltspunkt, dass er nicht in einem Erdloch saß.

„Wie soll ich bei dieser Dunkelheit den Weg sehen, ganz zu schweigen von einer alten Hütte im Wald? Ich werde warten müssen, bis sich der Mond über den Baumwipfeln zeigt, sonst verirre ich mich völlig.“Waldhütte So hockte er sich auf trockene Herbstblätter, lauschte den Tieren und verhielt sich so still er konnte, um keinem Räuber anheim zu fallen. Ewigkeiten vergingen, bis sich die leuchtende, fast volle Scheibe über ihm zeigte und er lief los wie von der Natter gebissen, kaum das er den sandigen Weg erkennen konnte. Durst plagte ihn, aber sein Hungergefühl war schon vor Stunden vergangen, obwohl die letzte spärliche Mahlzeit am Morgen gewesen war. Casimir erreichte den Saum einer Wiese, die das Mondlicht schwach widerspiegelte. Die Gräser waren so hoch, dass er nicht sehen konnte, was sich auf der anderen Seite, am Rand des dunklen Forsts befand. Er trat ein paar Schritte zurück und fand einen umgestürtzten Baum den er zu erklimmen begann. Erst als er oben angekommen war blickte er sich um und konnte im schwache  Licht die alte Schutzhütte wahrnehmen, von der die alte Krähe gesprochen hatte. „Immerhin“, gackerte er zufreiden, „hier hat der eingebildete Vogel nicht gelogen.“ Mühsam rutschte und balanciert er den mossigen Stamm wieder hinunter und bedauerte, dass Seidenhühner nicht fliegen konnten.

TeekanneEr marschierte nun viel mutiger voran und kam auf die Lichtung, an der er sich für den rechten Weg entscheiden sollte. Zu seiner Bestürzung gab es aber nicht nur eine Möglichkeit, sondern gleich zwei. Immer in Deckung bleibend untersuchte er den Boden und entschied sich für den Weg der ausgetretener daher kam. An seinem Ende sollte ein einsames Haus im Wald liegen, wo er Wasser oder sogar etwas zu Essen finden konnte. Es hatte keinen Zweck umzukehren oder sich Zeit zu lassen, denn seine Kräfte schwanden und die Müdigkeit hing ihm bleiern in den Federn. Die kühle Nachtluft erfrischte ihn ein wenig und er achtete nicht auf das frösteln seines mageren Körpers, denn Jammerei würde ihm nicht weiter helfen. Als der Mond hoch am schwarzen Himmel stand und tausende von Sternen ihre gütigen Strahlen auf den Wald herabregnen ließen, sah Casimir in der Ferne kleine Lichter blinken. Immer wieder flackerten sie auf, verschwanden und kehrten wieder. Vorsichtig näherte er sich diesem Zauber und konnte alsbald ein Haus erkennen, welches vom Mond beschienen wurde. Davor war ein Garten mit vielen Blumen und Büschen und an diesen Büschen hingen seltsame Gebilde. Nie zuvor hatte er so etwas erblickt und er vergass für einen Augenblick seine missliche Lage und staunte über diese Teekanne PorzelanBehälter aus denen Pflanzen hingen oder Vögel zu schlafen schienen. Casimir hörte Wasser rauschen und fand einen Rinnsal der am Grundstück entlang floss und seinen Durst stillte. Unter einem kleinen Haus, welches ebenfalls in den Büschen hing, lagen herunter gefallene Körner, die er alle so schnell wie möglich aufpickte und fast augenblicklich kehrte Wärme und Hoffnung in sein kleines Herz zurück. Er verweilte noch für einen Moment und bestaunte die Geräusche und Farben der Menschenspielzeuge, bevor er sich wider seinem dunklen Pfad zuwandte. – Fortsetzung folgt –


19 Gedanken zu “Der kleine Casimir … Teil 10

  1. Draußen, auf den Stufen vor der Haustreppe, steht eine weiße Teekanne gefüllt mit Hauswurz.
    Ich setze mich jetzt auf die Stufen in die Sonne und warte, ob der tollkühne Held Casimir vorbeikommt.
    Klare Sonnengrüße zu dir lieber Arno.

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  2. Ja, lieber Arno, weit und verschlungen sind die Wege zurück in den heimatlichen Schoß (ins Schloss), wenn man ihn (es) erst einmal verlassen hat und nicht jede*r auf dem Weg ist ein guter Ratgeber! Nun bleibt es abzuwarten, ob die Krähe eine Gute war oder den kleinen Casimir genarrt hat!
    Ich habe wieder gerne die letzten drei Kapitel gelesen.
    herzliche Sonntagsgrüsse an dich
    Ulli

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  3. Die Sätze der Geschichte kann man auf verschiedene Weise deuten. Zumindest neige ich stets dazu quasi einen doppelten Boden zu sehen. Schreckliche Angewohnheit, tut mir auch echt (nicht) leid. 😉 Aber ich mag solche märchenhaften Texte. Und wer weiß, vielleicht ist der Casimir auch nur eine verzauberte Elfe.

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    1. Liebe Yumi, ein bisschen verzaubert ist er bestimmt, denn er wohnt in einem magischen Garten, da bleiben solche Nebeneffekte nicht aus. Sorry für die Zweideutigkeiten, das muss ein überbleibsel der Thrillertrilogie sein 😉

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